Was bedeutet eigentlich Solidarität?
Angesichts der gegenwärtigen Flüchtlingsströme ist der Begriff der Solidarität wieder in aller Munde. Solidarität als Ideal persönlichen Zusammenhalts und spontaner selbstloser Kooperation in kleineren Gruppen ist der Kern kultureller Evolution, weil sich instinktive Hilfs- oder Vorsorgemassnahmen als gesellschaftlich wirksam erwiesen. Die spontane Akzeptanz vorherrschender Verhaltensregeln als gemeinschaftserhaltende Faktoren liessen gesellschaftliche Ordnungen entstehen, die weder entworfen noch beabsichtigt waren. Solidarität wurde ursprünglich auf Verhältnisse zwischen Personen und das selbstlose Kooperieren in oder von kleineren Gruppen angewendet und in diesem Sinne auch bis gegen Ende des 18. Jahrhundert verstanden. Als während der industriellen Revolution die Mobilität der Bevölkerung rasant zunahm und entwurzelte Menschen die Städte überfluteten, zerfiel diese selbstverständliche Solidarität freilich und wurde bald durch Zwangsmitgliedschaften bei staatlichen Institutionen ersetzt. So erfuhr der Begriff im Laufe der letzten 200 Jahre eine radikale inhaltliche Umwandlung. Aus Auguste Comte’s positivistischer “sozialer Physik” und dem politisch zündenden Motto “einer für alle, alle für einen” wurde eine moralisch normative Verpflichtung zur gesellschaftlichen Solidarität abgeleitet. Gepaart mit der undefinierten sozialen Frage wurde sie von den sogenannten ‘Kathedersozialisten’ zur ebenso vagen akademischen Sozialpolitik weiterentwickelt, bei der allerdings ernstes Forschen oftmals mit sozialer Schwärmerei ersetzt wurde. Dies führte bald zu Misskonzeptionen staatlicher Aufgaben mit gesellschaftlich gefährlichen Auswirkungen, die jede Selbstverantwortung oder spontane Hilfsbereitschaft verkommen liess. Und heute wird der Bürger zum Diener und Erfüllungsgehilfen verordneter Solidarität degradiert.
Weiterführende Literatur gibt es bei www.buchausgabe.de.
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